Selected Miscellaneous Shows

Dec
17
2009
Baden Baden, DE
Winter's Night (Festspielhaus)
Share
Wohlfühlwärme am offenen Kamin...

Liederabend Der Popmusiker Sting hat in Baden-Baden das einzige Deutschlandkonzert seiner Tour gegeben.

Wie es der Zufall so will, hat der Gitarrist Dominic Miller einst an der Guildhall School for Music in London gemeinsam mit dem Violinisten Nigel Kennedy die Schulbank gedrückt. Dann trennte sich die Wege. Miller, ein begnadeter Saitenkünstler, avancierte zu einem der weltbesten Gitarristen, Kennedy, ein talentierter, wenngleich nicht fantastischer Streicher, zum prominenten "Geigenpunk". Kennedy hat versucht, ein Popmusikpublikum für klassische Musik zu begeistern. Miller schwebt das Gegenteil vor, woran er derzeit mit Sting arbeitet.

Als Spiritus Rector begleitet Miller seit Jahren das Schaffen Stings. Der Exbassist von Police bezeichnet den Gitarristen als "meine rechte und meine linke Hand, die all das umsetzen, was meine klobigen Finger nicht spielen können". Musikalisch treibende Kraft war Miller auch auf Stings aktuellem Album "If on a Winter"s Night...", und so sitzt er am Donnerstagabend auch im Baden-Badener Festspielhaus, in dem Sting sein einziges Deutschlandkonzert und einen seiner weltweit nur fünf Auftritte in diesem Winter gibt.

Ein Violinist nimmt ebenfalls auf der Bühne Platz. Nein, nicht Nigel Kennedy, sondern - tatsächlich! - Daniel Hope, einer der derzeit gefeiertsten Virtuosen seines Fachs. Aber nicht nur bei dieser Besetzung hat sich Sting nicht lumpen lassen, denn wenn dieser Mann ruft, kommen nun mal alle. In seiner aus der ganzen Welt zusammengetrommelten Band singt unter anderem die Grammy-Gewinnerin Lisa Fischer, die nicht nur mit der voluminösesten Afrofrisur aller Zeiten glänzen kann. Mit dabei ist auch noch ein ganzes Kammerochester, insgesamt 36 Musiker befinden sich auf der Bühne - ein gro?es Besteck. Überbeschäftigt sind sie nicht gerade, das Streicherensemble und die vierköpfige Bläsersektion greifen nur sporadisch ins Geschehen ein, und so sehr in ein Ensemble eingeordnet hat sich der Bestsellerautor und vierfache Klassik-Echo-Gewinner Hope wohl schon lange nicht mehr.

Die Musik spielt buchstäblich am vorderen Bühnenrand, bei Kathryn und Peter Tickell an Fidel und Dudelsack, Julian Sutton an der Quetschkommode, dem Zupfinstrumentalisten David Mansfield, der Harfenistin Mary Macmaster, Dominic Miller sowie an Gitarre und Laute Sting selbst. Neuerdings mit Vollbart, gewandet in Frack, Weste und mit Brahms"scher Krawattenschleife, erinnert er, in der Mitte thronend und beim Singen die Hände auf den Knien ruhen lassend, in seiner staatsmännischen Pose an Abraham Lincoln.

Geboten wird in Baden-Baden, die genannten Instrumente lassen es vermuten, weder ein Best-of-Police-Abend noch eine Greatest-Sting-Hits-Revue. Das rein akustisch gegebene Konzert besteht aus den fünfzehn Songs des "Winter"-Albums, die ausnahmslos alle gespielt werden und durch vier weitere Traditionals und ein Medley ergänzt werden. Damit ist das Programm erschöpft - so erschöpft, dass Sting und seine Mitstreiter zur dritten der vom gesetzten Publikum (der Altersdurchschnitt verwundert angesichts von Eintrittspreisen bis zu 190 Euro allerdings nicht) vehement eingeforderten Zugaben angesichts fehlenden weiteren Materials sogar das kurz nach Beginn gespielte Stück "Soul Cake" wiederholen müssen.

Diese Stücke sind mehrheitlich traditionelle Winterlieder. Sting will sie bewusst nicht als Weihnachtslieder bezeichnet wissen, obwohl sich darunter auch das (dann doch traditionelle Weihnachtslied) "Es ist ein Ros" entsprungen" befindet. Hinzu kommen Kompositionen von Henry Purcell, Franz Schubert und Johann Sebastian Bach, den Sting in putzigem Deutsch als "James Back" ausspricht und angesichts der Adaption prompt um Entschuldigung ("Ich hoffe, er dreht sich nicht im Grab um") bittet.

Den prinzipiellen Konstruktionsfehler solcher Versuche, klassische Musik aus den historischen Aufführungszusammenhängen in moderne Interpretationen zu transferieren, kann zwar auch Sting nicht überwinden, er scheitert daran immerhin nicht so kläglich wie manch anderes absurdes Crossover-Projekt à la Rock meets Classic. Stings Stimme muss man nicht mögen, kann man in diesen Deutungen aber zumindest, die delikate (Neu-)Instrumentierung des tradierten Liedguts indes muss man in jedem Fall als hervorragend bezeichnen, von den hingehauchten Wiegenliedern bis zum muntersten Kollektivmusizieren im fast schon orgelnden "Soul Cake".

Und der Vortrag ist über jeden Zweifel erhaben. Jeder Musiker ist entweder Könner oder wie Miller (der den Zusammenklang des Ensembles mit seiner grundierenden Gitarre wie von Geisterhand steuert) und Hope (bei dem sogar Klassiklaien den besonderen Strich heraushören) gar ein Ausnahmekönner. So charmant wie raffiniert hangelt Sting sich mit diesem Projekt an der Kitschfalle vorbei. All das berückend zu nennen, wäre gewiss übertrieben. Es ist ambitionierte und doch kuschelige Musik. Gediegen, besinnlich, zwar nicht funkensprühend, aber nett wie ein knisterndes Kaminfeuer.

(c) Stuttgarter Zeitung by Jan Ulrich Welke

Zeit der Besinnung...

Ein Orchester sitzt auf der Bühne des Festspielhauses Baden-Baden. Fast könnte man meinen, man habe sich in der Veranstaltung geirrt - dann biegt doch Sting mit seiner Band um die Ecke. Der ehemalige "Police"-Sänger trägt schwarzen Frack mit schwarzer Weste: ein gediegenes Outfit an einem Ort, an dem sonst die Klassikstars auftreten. Schreie und Pfiffe im Publikum - für kurze Zeit kommt Rockkonzert-Atmosphäre auf. Dann setzt sich Sting auf einen Hocker in der Bühnenmitte und lässt die erste der melancholischen Melodien an diesem Abend kreisen: 'The Snow It Melts The Soonest'. Der traditionelle englische Folk-Song ist wie fast alle anderen Lieder an diesem Abend auf Stings neuer CD 'If On A Winter?s Night' zu finden. Live präsentiert er das Programm nur viermal weltweit - das Konzert in Baden-Baden ist sein einziges in Deutschland.

Auf dem CD-Cover stapft Sting mit seinem Hund durch einen verschneiten Wald in der Toskana, wo er seit Jahren auf einem Weingut lebt. Hier traf man sich im Februar 2009 bei Kerzenlicht zu den ersten Proben. Auch der Auftritt in Baden-Baden hat diese Intimität. Mucksmäuschenstill ist es im Saal, wenn sein langjähriger musikalischer Wegbegleiter Dominic Miller an der Gitarre ein Intro spielt oder Sting das Weihnachtslied 'Cherry Tree Carol' ganz ohne Begleitung singt. Mehr Unplugged geht nicht.

Sting hat sich verändert - und das nicht nur wegen seines buschigen Seebären-Barts, der ihn zehn Jahre älter erscheinen lässt. Die 58 sieht man ihm trotzdem nicht an. Aber auch die Stimme hat sich verändert. Die Gesangsstunden, die er für sein John-Dowland-Album an der Basler Schola Cantorum genommen hatte, haben ihre Spuren hinterlassen. Er besitzt nicht mehr nur den einen Reibeisenton, sondern er hat gerade in der Tiefe an zusätzlichen Farben gewonnen.

Der Abend hat einen ruhigen Puls. Bei 'Soul Cake' bringt die spielfreudige Band im Vordergrund zwar etwas Groove auf die Bühne, wenn die beiden Fiddler Kathryn and Peter Tickell das Geschehen vorantreiben und der präsente Background-Chor sowie der vierköpfige Blechbläser-Satz zusätzliche Power beisteuern.

Doch dann ist wieder Kuscheln angesagt. Bei 'There Is No Rose Of Such Virtue' begleitet sich Sting selbst auf der Laute, 'Christmas At Sea' bleibt trotz dreier Percussionisten in ruhigen Gewässern. Selbst Franz Schuberts Lied 'Leiermann' aus der 'Winterreise', das als 'Hurdy Gurdy Man' übersetzt wird, kann in Stings schlichter wie rauer Interpretation (mit Julian Sutton am Knopfakkordeon) überzeugen, Henry Purcells 'Cold Song' und sein mit einer fallenden chromatischen Linie beginnendes Lied 'Now Winter Comes Slowly' (mit Special Guest Daniel Hope an der Violine) berühren.

Aber irgendwann fragt man sich dennoch: Sting, wo ist Dein Stachel? Besonders, wenn das absolut entbehrliche Streichorchester (Dirigent: Robert Sadin) die wenigen Kanten glättet, die das aus ganz einfachen Liedern bestehende Programm noch bietet, dann sehnt man sich doch nach ein bisschen weniger Weichspüler.

Stings wenige eigene Songs dagegen sind Glanzlichter. 'Hounds of Winter', das er bereits 1996 auf dem 'Mercury Falling'-Album veröffentlicht hat, wird mit scharfen Dudelsackklängen gewürzt und viel länger und freier gespielt als auf der Winter-CD, bei 'Lullaby For An Anxious Child' ist Gänsehaut garantiert.

Und so geht man erfüllt von diesen Winterklängen in die kalte Baden-Badener Nachtluft und muss doch einer unbekannten Kurstädterin Recht geben, die im Treppenhaus zu ihrer Begleitung sagt: "Ein bissle mehr Pepp hätt?s schon haben können."

(c) Frankfurter Rundschau by Georg Rudiger

Getragenes zur Winterszeit...

Im Jahr 1979 schickte er mit dem Police-Hit 'Message In The Bottle' ein druckvolles SOS in die Welt und machte mit seiner markanten Stimme lautstark auf die zunehmende Vereinsamung der Menschen aufmerksam. Auch 30 Jahre später ist es dem 1951 in Newcastle upon Tyne geborenen Rockstar noch immer ein Anliegen, musikalisch für eine bessere Welt einzutreten.

Nicht die Rockmusik nutzt Gordon Matthew Sumner, besser bekannt als Sting, aber heute als primäres Medium für seine Botschaften. Vielmehr hat er Folksongs, Wiegen-, Weihnachts- und Winterlieder für seine CD 'If On A Winter's Night' zusammengetragen und nach eigenem Gusto - gealtert und gereift - arrangiert oder neu komponiert. Und Sting macht mit dieser gelungenen Produktion zweierlei deutlich. Erstens: Klassik und Volksweisen bieten hervorragende Grundlagen und Inspirationen, um zeitgenössische oder gar zeitlose Neukompositionen zu schaffen. Zweitens: Es muss nicht unbedingt rau sein, was aus seiner zunehmend facettenreicher klingenden Kehle kommt.

Nur bei einem einzigen Konzert hat Sting dieses oft zart anmutende Liedmaterial - ergänzt um eine Reihe traditioneller Jiggs und Reels - live in Deutschland vorgestellt. Als Auftrittsort dient das Baden-Badener Festspielhaus. Dieses erweist sich als ehrwürdige, nicht immer aber atmosphärisch und akustisch geeignete Stätte für das Konzertprogramm, bei dem der 'Leierkastenmann' aus Franz Schuberts 'Winterreise'-Zyklus als 'Hurdy Gurdy Man' ebenso erklingt wie das durch Johann Sebastian Bachs Sarabande inspirierte 'You Only Cross My Mind In Winter' oder die englischen Version von 'Es ist ein Ros' entsprungen' ('Lo How A Rose'). Letzteres - umrahmt von Akkordeonklängen - hätte sich Sting bei aller vorweihnachtlicher Besinnlichkeit aber sparen können, gehörte es doch im Rahmen des mit 'The Snow It Melts The Soonest' eröffneten Konzertabend eher zur Kategorie: belanglos.

Lieben, schätzen und verehren - dies wurde vor allem am Ende dieses über weite Strecken sehr getragenen Konzertabends deutlich - tun ihn viele. Schlie?lich hat er mit "Police" und als Solist gleicherma?en Musikgeschichte geschrieben und sich mit den ihm verfügbaren Mitteln auch stets für seine Ideale eingesetzt. Mehr noch: Im Laufe der Jahre hat er sich auch immer wieder in Teilbereichen musikalisch neu erfunden, ohne dabei aber die eigene Vergangenheit zu leugnen. Dies zeigt er auch in Baden-Baden, wo er nicht nur mit dem bereits vor 13 Jahren auf der CD 'Mercury Falling' veröffentlichten 'Hounds Of Winter' an alte Tage erinnert. Immer wieder gelingt es Sting mit seiner Interpretation von alten Weisen, wie dem aus dem 16 Jahrhundert stammenden 'The Burning Babe' oder den Werken 'New Winter Comes Slowly' und 'Cold Song' aus der Feder Henry Purcells, diese mehr als nur klangschön in die Gegenwart zu holen.

Und dennoch: Mitunter wünscht man sich, Stings Musik würde etwas rockiger, jazziger und weniger zurückhaltend daherkommen. Schade auch, dass das Orchester mit angezoge- ner Handbremse spielt und nur ganz selten die Klangfülle der 13 Streicher und fünf Bläser nebst Solisten zu erleben ist. Da setzen das 'Team Spirit Medley' und 'The Burning Babe' mit Fiddle-Soli von Kathrin und Peter Tickel gelungene Kontrapunkte und werden auch mit entsprechendem Beifall gewürdigt. Ebenso das an diesem Abend gleich zweimal gespielte 'Soul Cake', das auch als Zugabe erklingt, denn: "Wir haben leider keine anderen Lieder mehr", so Stings Begründung.

(c) Pforzheimer Zeitung by Ralf Recklies

Sting überrascht mit Wintermusik...

Sting hat sich noch nie richtig angepasst mit seiner Musik und er wird er wohl auch nicht mehr tun, egal ob als Frontmann der früheren Rock-Gruppe The Police oder als Solo-Künstler.

Bei dem Briten ist nie klar, ob er als nächstes einen Ausflug in die klassische Musik unternimmt oder lieber mit Jazz, Weltmusik und - wie zuletzt - den Werken des Renaissancekomponisten John Dowland herumexperimentiert. Mit beschaulichen Winter-Melodien und geradezu meditativen Klängen hat der Mann mit der vertrauten und ruhigen Stimme nun erneut zur Vorweihnachtszeit überrascht - mit Erfolg, wie ihm die Ovationen von mehr als 2000 Fans am Donnerstagabend beim einzigen Deutschland-Konzert in Baden-Baden zeigten.

Sein neues Album "If On A Winter's Night..." kommt als gekonnter Griff in die Musiktruhe längst vergangener Jahrhunderte daher. Mit gro?em Aufgebot stellt Sting auch in Baden-Baden diese bisweilen gemütlich einlullende, teils aber auch ausgelassene Sammlung mit traditionellen britischen Titeln, Weihnachts- und neu interpretierten Wiegenliedern vor.
Anzeige

Cello und Geige, keltische Harfe und Melodeon, Akkordeon und Dudelsack - Stings gut drei Dutzend Musiker hatten alles im üppigen Gepäck, um die richtige vorweihnachtliche Stimmung zu verbreiten. Der 58-Jährige allerdings legt gro?en Wert darauf, dass seine neue Sammlung kein Weihnachtsalbum ist - und es kommt auch nicht als festliche Dauerberieselung daher. Vielmehr versucht der gut aufgelegte Brite mit vertrauter warmer Stimme auch in Baden-Baden einen Bogen zu spannen quer durch die kalte Jahreszeit mit Verweisen auf Besinnung und Religiosität, Stille und Selbstreflexion.

"Der Winter ist faszinierend, es ist eine frostige Jahreszeit zum Nachdenken, eine Zeit, in der Geschichten am Feuer erzählt werden, von Geistern und Vorfahren, eine Zeit der Hoffnung und der Vorbereitung auf das neue Jahr", erklärt Sting alias Gordon Sumner seinen Baden-Badener Fans. Sein gänzlich kitschfreies Repertoire des Abends umfasst neben traditionellen Stücken wie "Lo How A Rose E'er Blooming" ("Es Ist Ein Ros' Entsprungen") auch bearbeitete Kompositionen zum Beispiel von Henry Purcell, dem "ersten britischen Rockstar", wie Sting ihn preist. Mit dem schauerlich-schönen "Hounds Of Winter" und "Lullaby To An Anxious Child" bringt der Brite zudem zwei eigene Werke auf die Bühne.

Bisweilen klingt der Griff in die Schatzkiste der Wintermelodien nach Blues, bisweilen nach Folk, sehr oft nach Kaminfeuer-Atmosphäre und immer wieder nach einem aufgeheizten irischen Pub an einem frostig kalten Winterabend, an dem Traditionen wach werden. Die Texte der Songs handeln allerdings keineswegs vor allem von den Freuden des Vorfestes, sondern von düsteren Themen, den Kehrseiten, der Einsamkeit. Das kraftvolle und jazzige "Burning Babe" erzählt von einer feurigen Erscheinung, Stings Single "Soul Cake" von den Seelenkuchen, die man einst direkt nach Allerheiligen an Kinder und Arme verteilte, symbolisch für die Stärkung der Seelen, die aus dem Fegfeuer aufsteigen.

"Hurdy Gurdy Man" dagegen ist eine musikalische Adaptation von "Der Leiermann" aus Franz Schuberts klassischem Liederzyklus "Winterreise". Bei "Cherry Tree Carol" verlässt sich Sting voll und ganz auf wenige Akkorde seiner Gitarre und die eigene Stimme. Und das baskische Weihnachtslied "Gabriel's Message" gehört für ihn ebenso zum Winter wie das mit gälischer Musik untermalte Gedicht von Robert Louis Stevenson "Christmas At Sea".

(c) Die Zeit
Comments
0

PHOTOS

img
img
img